Daniel Weber
Daniel Weber
07.01.2023

Als das Baby vor uns auf dem Tisch lag, waren wir alle happy

Ein integriertes Kommunikationskonzept beinhaltet alle Punkte, die bei einer Kampagne berücksichtigt werden müssen. Zeitlich aufeinander abgestimmt und sich selbst verstärkend oder ergänzend entsteht ein abgerundetes Bild, das als Paket dem Kunden übergeben werden kann.

IK

Im Kurs integrierte Kommunikation im 4. Semester hatten wir die Möglichkeit ein integriertes Kommunikationskonzept in einer 5er-Gruppe zu erarbeiten und zu präsentieren. Das beinhaltet die fünf Punkte:

  1. Ausgangslage,
  2. Analyse,
  3. Zielsetzung,
  4. Instrumente und Massnahmen
  5. Termine, Budget und Kontrolle

Als Auftraggeber hatten wir den SGO Verein. Ein Verein, der seit 1965 Kurse, Seminare und Communities of Practise in Leadership, Organisation, Prozesse, Unternehmensentwicklung und Business Transformation anbietet. Der Auftrag war sehr simpel gefasst: 50'000.- Mehreinnahmen durch das neue Konzept. Kostenpunkt der Massnahmen 5'000.-. Einschränkungen hatten wir praktisch keine. Nur das Corporate Design und infolgedessen das Logo soll bestehen bleiben.

Ausgangslage, Analyse und Zielsetzung sind relativ trockene Teile, die nicht viel Spass machen. Man muss sie einfach machen, um den Auftraggeber richtig zu verstehen. Und zwar am Anfang. Wer den Punkt überspringt, der verzettelt sich im Konzept. Es ist zu vergleichen mit dem Fundament eines Hauses. Wenn das schon schief gelegt wird, kann man nicht erwarten, dass das Dach schlussendlich gerade ist. Es ist sozusagen die Pflicht und die Instrumente und Massnahmen, mit dem Budget die Kür.

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Weil die Situation für den SGO Verein sehr akut war, haben wir dem Konzept den Namen «5 vor 12» gegeben. Was sich auch in der Event-Massnahme widerspiegelt.

In der Analyse haben wir festgestellt, dass kein klares Konzept hinter den Mitgliedschaften und der Kommunikation steckt. Die Social-Media-Kanäle wurden nur halbherzig bespielt. Das waren dann auch unsere 2 ersten grossen Aufhänger:

  • Wir haben die Mitgliedschaften vereinfacht und übersichtlicher gestaltet. Am Schluss hatten wir nur noch zwei Mitgliedschaften. Vollmitglied und Studenten, bei denen es keine Rolle mehr spielte, ob sie Voll- oder nur Teilzeit studieren.
  • Dazu haben wir für Firmen ein Modell mit Premiummitgliedschaften ausgearbeitet. Damit können Firmen mehrere und immer unterschiedliche Personen an die Events schicken.
  • Bei der Kommunikation haben wir es gewagt, YouTube und Insta sterben zu lassen. Der Aufwand, die Follower und die Zielgruppen passen nicht zusammen. Bei FB, Twitter und LinkedIn war die SGO relativ stark und hatte eine grosse Community, deshalb haben wir geraten, hier mehr Aufwand zu betreiben und es richtigzumachen.
  • Wir haben auch diverse Verbesserungsvorschläge bei den Posts gegeben, wie sie die Events besser präsentieren können, welche Motive besser passen und wie sie Personen besser ausleuchten können.
  • Die Beiträge hatten oftmals verpixelte Bilder, was natürlich nicht state of the art ist und nicht kompetent erscheint. Hier konnten wir das Wissen aus den Kursen ICT und Visuelles Storytelling einfliessen lassen. Spätestens hier merkten wir, dass die Kurse des Studiums stark miteinander verknüpft sind und sich jeweils ergänzen.

Bei den Events ist uns aufgefallen, dass die Communities of Parctise am frühen Abend angefangen haben. Für uns war klar, dass Führungskräfte dann noch keine Zeit haben. Deshalb haben wir 5 vor 12 Lunchtalks vorgeschlagen, bei denen die Themen kurz und knackig in 60 Minuten besprochen werden. Abgerundet wird es von einem ligth Lunch.
Auch haben wir die Young Community vorgeschlagen, die zum Ziel hat, die junge Zielgruppe anzusprechen und die Themen von jungen Führungskräften oder solche, die es werden wollen, abzuholen.

Zusätzlich haben wir noch weitere Promotionsmassnahmen vorgeschlagen z. B. Werbung am Bus, oder an der Tram und Bushaltestelle vor der SGO Businessschool, ein Goodiebag, Werbung mit Flyer und Plakaten. Wir haben die SGO Businessschool und deren Studenten generell als Hauptzielgruppe definiert, denn die sind bereits an solche Themen interessiert und schon als Kontakte vorhanden. Dementsprechend sind das Low Hangig fruits.

Das muss natürlich alles zeitlich abgestimmt werden und so haben wir auch einen Massnahmenkalender erstellt, der der SGO zeigt, wann sie welche Massnahmen umsetzen sollen. Abgerundet wird das dann noch von einem Budget. So ergibt sich ein integriertes Kommunikationskonzept, das alle fünf Facetten beinhaltet.

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Am Anfang hatten wir keine Lust auf diese Arbeit. Wir dachten, dass die SGO keiner kennt und nicht solch eine Strahlkraft hat, wie Firmen, die in früheren Semestern bearbeitet werden durften. Wir hatten Beispiele von Kantonalbanken, der Rheumaliga oder Tutti. Dazu hatten wir das Gefühl, dass wir mit 5'000.- Budget nichts erreichen werden. Aber als wir dann angefangen haben und mit gewissen Ideen jonglierten, merkten wir, dass es nicht viel benötigt, um hier etwas Cooles auf die Beine zu stellen. So kam es dann auch, dass wir richtig viel Spass daran fanden und wir uns in Nachtschichten um die kleinsten Details kümmerten. Als am Ende unser Baby (die Arbeit) auf dem Tisch lag, waren wir alle erschöpft und happy. Es war ein Low Budget Konzept, mit Hand und Fuss, welches wir stolz präsentieren konnten. Die harte Arbeit zahlte sich definitiv aus.

Am 13.6.2022 war es dann so weit und das Team durfte vor dem Kunden präsentieren. Ich erinnere mich an diesen Tag, als wäre es gestern gewesen. Denn ich war nämlich nicht dabei. Meine Frau lag in den Wehen und brachte unseren Sohn zur Welt. 17 Stunden nach der ersten Wehe, lag das zweite Baby (unser Sohn) auf dem Tisch. Auch hier waren wir alle erschöpft und happy.
Übrigens, die Präsentation verlief auch ohne meine Beteiligung bestens. Das Team hat sich meinen Teil aufgeteilt und bravourös gemeistert. Die Note 6 als finaler Abschluss war die Kirsche auf dem Eis.

Aktuelle und praxisnahe Living Cases geben einem immer den gewissen realistischen Charakter mit. Ein Unternehmen ist immer in die Umwelt eingebettet und diese ändert sich momentan rasend schnell. Wenn ich nur daran denke, dass wir seit 2019 die Coronapandemie, den Ukrainekrieg und die Energiekrise meistern, hat das auch Einfluss auf die Unternehmen, ihre Probleme und uns Studenten. Ein Livingcase aus dem Jahre 2017 könnten wir heute somit gar nicht mehr nachvollziehen. Das heisst, dass wir uns als Studierenden immer an die aktuellen Gegebenheiten anpassen müssen, genauso wie wir es auch in der Praxis, in unseren Unternehmen machen müssen. Insofern sehe ich eindeutige Vorteile von living cases. Dazu kommt noch, dass man mit echten Unternehmen und Menschen zusammenarbeiten kann, die für Rückfragen zur Verfügung stehen und nicht mit fiktiven Szenarien, bei denen man gewisse Gegebenheiten annehmen oder interpretieren muss. Wie es der Name schon sagt, es ist praxisnahe und auch real. Das Spannendste dabei ist dann aber am Ende, wenn man sieht, welche Teile des eigenen Konzepts auch umgesetzt werden. Das liegt bei den Auftraggebern und nicht mehr bei uns Studenten. Wenn man dann an der Bushaltestelle vorbeikommt und da wirklich deine eigene Idee realisiert wurde, erfüllt das einen sicher mit Stolz und einer inneren Befriedigung.

In der Praxis konnte ich das Wissen eines integrierten Kommunikationskonzeptes noch nicht gezielt anwenden. Aber ich habe mir die 5 Schritte Ausgangslage, Analyse, Zielsetzung, Umsetzung und Kontrolle angeeignet. So gehe ich jetzt eigentlich jede Aufgabe an, sei es bei der Arbeit oder im privaten Umfeld. Wenn ich die Ausgangslage genau verstehe, das Problem analysiere und mir die Ziele richtig setze, dann kann ich dem Kunden ein viel besseres Resultat liefern. Ob das am Schluss ein Kommunikationskonzept, eine Beratung oder ein Verkauf sind egal. Die Kontrolle habe ich früher oftmals etwas stiefmütterlich behandelt, obwohl ich wusste, dass es gut wäre, die Wirkung des eigenen Handelns zu kennen. Somit kann ich mit Fug und Recht behaupten, dass diese Arbeit und das ganze Semester meinen ganzen Alltag auf den Kopf stellt.