Mathias Bamert
Mathias Bamert
01.04.2024

Grundlagen zur Videografie

Wie funktioniert eine Videoaufnahme, worauf muss man bei der Bearbeitung achten und wie werden Dateien richtig gespeichert? Dieser Beitrag vermittelt die wichtigsten technischen und gestalterischen Grundlagen, um Videos professionell zu planen, aufzunehmen und zu bearbeiten.

Video grundlagen

1. Allgemein

Bei der Videografie gelten grundsätzlich ähnliche Kamera-Einstellungen wie in der Fotografie. Insbesondere in Bezug auf Blende und ISO. Unterschiede bestehen jedoch bei der Verschlusszeit, dem Weissabgleich und den Farbprofilen.

2. Auswahl des Equipments

2.1 Kamera

Es gibt für jedes Budget eine Kamera. Entscheidend ist, was man mit ihr machen will. Gehe ich raus und mache VLOGs in natürlicher und gegebener Umgebung oder möchte ich Aufnahmen tätigen, die ein künstliches Lichtsetup benötigen. Neben Smartphones und Digitalkameras stehen auch Camcorder oder hochpreisige Aufnahmegeräte von Red oder Black Magic zur Verfügung. 

  • Vlogs in natürlicher Umgebung: Smartphone, Kompakt- oder Systemkamera
  • Produktionen mit Lichtsetup: DSLR, spiegellose Kamera oder Cinema-Kamera
  • Professionelle Projekte: Geräte von RED, Blackmagic, Canon C-Series usw.

💡 Tipp: Wähle die Kamera nach Einsatzgebiet und Workflow und nicht allein nach Auflösung.

Das untenstehende Video gibt einen Überblick zum aktuellen Stand der Kameraauswahl:

2.2 Mikrofon

Damit eine Videoaufnahme mit guter Soundqualität daher kommt, gibt es verschiedene Wege zum Ziel:

  • 🎤 Shotgun-Mikrofon: nimmt gezielt Umgebungsgeräusche auf (z. B. Natur, Strasse)
  • 🎙️ Ansteckmikrofon (Lavalier): ideal für Interviews
  • 🧑‍💻 Studiomikrofon: für Podcast- oder Voiceover-Aufnahmen
  • 🔊 Nachvertonung (Voiceover): wenn Ton im Nachhinein aufgenommen wird

2.3 Licht

Damit Videoinhalte gut aussehen, muss Licht gesetzt werden. Das bekannteste unter der Lichtsetzungen ist das sogenannte Drei-Punkt-Licht:

  • Key Light – Hauptlichtquelle
  • Fill Light – Aufhelllicht
  • Back Light – Trennt das Motiv vom Hintergrund

Für YouTube- oder Studioaufnahmen werden oft Softboxen oder LED-Panels eingesetzt, um ein gleichmässiges und weiches Licht zu erzeugen.

Spannend wird die Lichtsetzung für Youtube-Videos. Diese werden speziell mit Softboxen etc. ausgeleuchtet.

3. Einstellungen

3.1 Frames und Shutterspeed

Die Bildrate, also die Anzahl Frames pro Sekunde (fps), hat entscheidenden Einfluss auf die Wahrnehmung eines Videos. Abgleich von Bildrate (Framerate) und Verschlusszeit (Shutterspeed) ist wichtig für ruckelfreie Videoaufnahmen. Man kann sich dies folgendermassen merken: «Der Shutterspeed soll immer doppelt so hoch eingestellt werden soll wie die Framerate». Diese wird übrigens in Frames per Second (fps) gemessen. Als Grundlage dient die 180°-Shutter (Regel).
 

Unnamed

Unterschied in der Bildwirkung von 60 fps vs. 24 fps

🎬 24 fps ist der klassische Kinostandard. Diese Bildrate erzeugt eine leichte Bewegungsunschärfe, die unser Gehirn mit filmischem Erzählen verbindet. Das Ergebnis wirkt cinematisch, emotional und natürlich – ideal für Storytelling, Interviews oder Imagefilme.

⚡ 60 fps hingegen zeigt doppelt so viele Bilder pro Sekunde. Bewegungen wirken dadurch flüssiger und realistischer, fast so, als wäre man live dabei. Das eignet sich für Sport, Gaming, Action- oder Social-Media-Videos, wo Dynamik und Klarheit wichtiger sind als Atmosphäre.

Kurz gesagt:

  • 24 fps: filmischer Look, weiche Bewegungen, emotional
  • 60 fps: scharfer, realistischer Look, technisch und direkt

Die Wahl der Framerate ist also eine gestalterische Entscheidung – sie bestimmt, ob ein Video «Kino» oder «Realität» vermittelt.

3.2 Weissabgleich

Damit wir in Videos einen Farbstich vermeiden können, müssen wir zwingend einen Weissabgleich vornehmen. Dieser wird in den modernen System-Kameras und Smartphones automatisch unterstützt. Jedoch gibt es Lichtsituationen in welchen ihr den Weissabgleich manuell einstellen müsst. Vor allem wenn ihr verschieden warme Lichtquellen habt.

Meine Erfahrung zeigt, dass es bei Videoaufnahmen extrem wichtig ist, den Abgleich manuell durchzuführen. Dies mittels einem Farbmessgerät oder der App ProCam (für iPhone) welche eine Kelvin-Messung verbaut hat. Hat man den Wert gemessen, so kann man ihn in den Kameraeinstellungen einstellen.

Wenn man nicht die Möglichkeit zur Farbmessung hat, so sollte man entweder eine Graukarte oder ein weisses Blatt vor jeder Aufnahme mit neuen Lichtverhältnissen aufnehmen. Dies hilft in der Postproduction zur einfacheren Eruierung des Weissabgleichs

Lichtfarbtemperatur
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3.3 Farbprofile

Beim Filmen kannst du mit Farbprofilen arbeiten, um in der Postproduktion mehr Spielraum für Color Correction und Color Grading zu haben. Jedoch ist dies nicht so einfach wie bei der Fotografie mit RAW. Dies aus dem Grund, weil jede Firma (Sony, Canon, Nikon etc.) eigene Farbprofile zur Verfügung stellt. Weiter fordern Bildsituationen mit mehr oder weniger Licht andere Einstellungen bzw. ein andere Farbprofile. 

  • Im Gegensatz zu RAW-Fotos gibt es kein standardisiertes Farbformat für Video.
  • Jede Marke (Sony, Canon, Nikon usw.) bietet eigene Profile, z. B. S-Log, C-Log, Flat etc.
  • Je nach Lichtsituation ist ein anderes Profil sinnvoll.

Das untenstehende Video gibt einen guten Einblick in die Sony-Farbprofilsituation:

4. 180°-Regel

Die 180-Grad-Regel besagt, dass bei einer Szene mit zwei (oder mehr) Protagonisten bzw. einem definierten Blick- oder Bewegungsraum eine gedachte Linie (die sogenannte «Achse der Aktion») zwischen diesen Figuren oder entlang der Bewegungsrichtung gezogen wird. Die Kamera und sämtliche Blick- bzw. Schnittwinkel sollten sich auf derselben Seite dieser Linie befinden. 

Warum ist das wichtig?

  • Räumliche Orientierung: Sie hilft dem Zuschauer, im Bild zu bleiben und zu verstehen, wo sich die Personen bzw. Elemente im Raum befinden. Wenn die Kamera plötzlich die andere Seite der Linie nutzt, kann dies verwirren – zum Beispiel weil Person A plötzlich auf der anderen Seite sitzt oder in die entgegengesetzte Richtung schaut.
  • Konsistenz in der Bildwirkung: Durch Einhaltung der Regel wirken Dialoge, Bewegungen und Szenenabläufe flüssiger und nachvollziehbarer.
  • Kontinuität beim Schnitt: Die Regel ist ein zentrales Element der Continuity-Bearbeitung (Kontinuitäts-Schnitt), die dafür sorgt, dass Zeit und Raum im Film funktioniert, ohne dass die Zuschauer ständig gedanklich «nachjustieren» müssen.

4. Filmen mit dem Smartphone

Damit ihr die Regeln der Bildkomposition anwenden könnt, braucht ihr eine professionelle App für euer Smartphone. Dazu kann ich euch die App Filmic Pro empfehlen (für iPhone und Android!). Damit ihr diese perfekt verwenden könnt, schaut euch dieses geniale Tutorial an:

5. Bildkomposition - 10. Regeln

In der Videografie sind diverse Dreh-Grundregeln Pflicht. Im nachstehenden Video werden die zehn wichtigsten Regeln wie …

  • Drittelregel
  • Symmetrie
  • Linienführung
  • Perspektive
  • Bewegung im Bild

… erläutert:

6. Audiokomposition - 10. Regeln

Damit sich euer Audio richtig knusprig anhört, könnt ihr diese Audioregeln beachten:

  • Klare Sprachverständlichkeit
  • Konstante Lautstärke
  • Hintergrundgeräusche minimieren
  • Equalizer richtig setzen
  • Rauschen filtern
  • Dynamik (Kompression) anpassen
  • Musik nur unterstützend einsetzen
  • Richtmikrofone korrekt ausrichten
  • Audiopegel testen
  • Backup-Tonspur aufnehmen

7. B-Roll

Ihr wollt zusätzlich zu eurer Interviewsequenz Bilder einblenden, welche die Aussagen des Protagonisten verstärken. Dies erreicht ihr mit Zusatzmaterial, der sogenannten zweiten Rolle, besser bekannt als B-Roll.

7. Testimonial

Das Testimonial-Video von Creoptix zeigt schön, wie man Interviewparts mit B-Roll mischen kann.

Fazit

Videografie vereint technisches Verständnis und gestalterisches Feingefühl. Wer Kameraeinstellungen, Licht, Ton und Farbprofile beherrscht, schafft die Basis für authentische und wirkungsvolle Bewegtbilder. Entscheidend ist dabei nicht die teuerste Ausrüstung, sondern das Wissen um die richtigen Einstellungen und der bewusste Umgang mit Bildsprache und Ton.